Reha vor Rente – teils mit fatalen Folgen
„Insgesamt zeichnet der Bericht ein Bild eines Systems, das für Long COVID und ME/CFS strukturell ungeeignet ist und in seinem jetzigen Zustand mehr Schaden als Nutzen anrichten kann.“
AI-Zusammenfassung:
Der Artikel von The Sick Times beschreibt, dass deutsche Rehabilitationskliniken schlecht auf die Behandlung von Long-COVID- und ME/CFS-Patientinnen und -Patienten vorbereitet sind und manche Betroffene durch die Reha sogar gesundheitlichen Schaden erleiden. Menschen, die wegen ihrer Erkrankung erwerbsunfähig werden, müssen laut deutscher Gesetzgebung zunächst eine Reha absolvieren, bevor sie Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente haben. Diese Pflicht kann für Long-COVID-Erkrankte jedoch problematisch sein, weil viele Kliniken auf Aktivierung und körperliches Training setzen – Konzepte, die für Krankheiten mit Post-Exertional Malaise (PEM) ungeeignet sind.
Schon geringe körperliche oder geistige Belastungen können bei diesen Patienten zu massiver Verschlechterung führen, doch dieses Kernsymptom wird in vielen Einrichtungen ignoriert oder nicht verstanden. Zahlreiche Betroffene berichten, dass sie nach der Reha deutlich kränker waren als zuvor.
Hinzu kommt, dass medizinisches Personal in manchen Fällen die Erkrankung nicht ernst nimmt oder fälschlich psychologisch interpretiert. Es gibt Berichte über fehlende Rücksicht auf Belastungsgrenzen, starre Therapiepläne und eine Atmosphäre der Missachtung. Auch der Infektionsschutz ist unzureichend: In vielen Reha-Kliniken fehlen Schutzmaßnahmen gegen Atemwegsinfektionen, obwohl eine erneute SARS-CoV-2-Infektion Long-COVID-Symptome verschlimmern kann. Statt Heilung oder Besserung führen die Maßnahmen daher oft zu weiterer Verschlechterung – mit erheblichen persönlichen und volkswirtschaftlichen Folgen. Die ökonomischen Kosten von Long COVID und ME/CFS werden in Deutschland inzwischen auf über 63 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
Der Artikel kritisiert, dass es keine einheitlichen medizinischen Standards oder verpflichtenden Schulungen für den Umgang mit PEM gibt. Zwar existieren einige spezialisierte Reha-Kliniken mit angepassten Konzepten, doch sie sind die Ausnahme. Patientinnen und Patienten fordern daher grundlegende Reformen: den Verzicht auf Reha-Zwang bei schwerer PEM, Schulung des Fachpersonals, besseren Infektionsschutz und individuell angepasste, schonende Therapieansätze. Insgesamt zeichnet der Bericht ein Bild eines Systems, das für Long COVID und ME/CFS strukturell ungeeignet ist und in seinem jetzigen Zustand mehr Schaden als Nutzen anrichten kann.