Interview mit Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité
über Ursachen, die mangelnde Versorgungslage in Deutschland und Hoffnung auf Medikamente.
AI-Zusammenfassung:
Im Interview mit *Spektrum der Wissenschaft* beschreibt Carmen Scheibenbogen (Charité Berlin) den aktuellen Forschungsstand und therapeutische Ansätze bei ME/CFS , der schwersten Form von Long Covid.
Die Erkrankung, eine neuroimmunologische Störung , führt bei vielen Betroffenen zu dauerhafter Pflegebedürftigkeit. Noch immer wird sie oft als psychosomatisch missverstanden, was zu mangelhafter Versorgung führt. Neue Forschung zeigt jedoch deutliche biologische Ursachen: Autoantikörper , gestörte Durchblutung, Entzündungen im Gehirn , veränderte Mitochondrienfunktion und Fehlsteuerungen des autonomen Nervensystems.
Scheibenbogen betont, dass ME/CFS keine Folge von Inaktivität sei, sondern mit Autoimmunmechanismen vergleichbar mit Multipler Sklerose. Studien aus Yale, Amsterdam und der Charité belegen, dass Autoantikörper zentrale Rollen spielen.
Zu den vielversprechendsten Therapieansätzen zählen:
- Monoklonale Antikörper gegen B- oder Plasmazellen (z. B. Rituximab-Nachfolger), mit ersten Erfolgen in Pilotstudien.
- Immunadsorption (Entfernung von Autoantikörpern).
- Vericiguat zur Verbesserung der Durchblutung.
- Hyperbare Sauerstofftherapie , die bei einem Drittel der Patienten deutliche Besserung zeigte.
- LDN (Low Dose Naltrexon) und Oxaloacetat als mögliche ergänzende Medikamente.
Die Charité baut derzeit klinische Studiennetzwerke und Versorgungsstrukturen auf (z. B. PAIS CARE, NKSG), um Behandlungswege zu standardisieren. Langfristig sollen Neurologen stärker in die Versorgung einbezogen werden, da ME/CFS eine anerkannte neurologische Krankheit ist.
Scheibenbogen sieht berechtigte Hoffnung auf wirksame Therapien in wenigen Jahren , sofern die beantragte Forschungsförderung bewilligt wird. Entscheidend sei eine enge Verbindung von klinischer Praxis, Grundlagenforschung und politischer Unterstützung.