shenai
Long Covid is wie..
1
Lockdown hat nie aufgehört
Wir sind immer noch zu Hause
Immer noch allein
Meine 4 Wände = meine tagtägliche Welt
Ein goldener Käfig mit offener Tür
Ein elendiges Gefängnis,
wo die Wärter wissen,
dass es draußen nicht lebbar ist,
daher keine Flucht möglich
Hausarrest
Einsamkeit ist der größte Killer
**
2
Lange hat sich frau* die perfekte Ernährung,
den perfekten Wach-Schlaf-Rhythmus,
das essentielle Bewegungs-/ Dehnungs-/ Kraftübungsregiment,
die Fähigkeit den Haushalt mit Minimalenergiebudget zu führen und
soziale Kontakte dauerhaft auch online zu pflegen,
zugelegt
Disziplin ist das höchste Gut in unbestimmt langer Haft:
Stabilisieren,
nicht verrückt werden,
das Höchstmögliche aus allem herausholen
Mit aller Macht irgendwie funktionieren
in vielleicht sehr kurzen, aber entscheidenden Momenten,
um nicht einfach als
psychisch labil,
hypochondrisch oder
abgedriftet
abgestempelt zu werden
Wir sind resourceful,
trotz massiver Einschränkungen
Haben vorher oft anspruchsvolle Karrieren,
und ein kulturell, sportlich, familiär, sozial reges und buntes Leben geführt
Unsere Persönlichkeit, Charakter, Lebenslust existiert weiter
als Zünder,
nur fängt es kein Feuer mehr,
da jetzt der Brennstoff fehlt
Die vorher nicht depressiv angehaucht waren,
haben mehr Glück in diesem Lottospiel,
aber es erwischt alle
Überhaupt nicht leicht,
Motivation zu erhalten,
das Alleinsein auf so lange Dauer, und so systemisch,
denn auch im Zusammensein mit anderen
ist fast nichts wie vorher:
Damals noch spontan durch die Welt getänzelt,
relativ sorglos umgegangen mit Energie,
die soziale Begegnungen ja brauchen,
ob Treffen zu zweit,
Party oder Familienbesuch
Jetzt alles geplant,
kalkuliert –
wie lang mein Zeitfenster,
wo ich bedeutungsvoll agieren kann?
Mit wenig Energie kippt alles in den Survivalmodus:
Kann ich das?
Darf ich das?
Egal wie gut Risiken und Nebenwirkungen abgewogen,
harte Grenzen gesetzt wurden
Wenn es plötzlich kippt,
klappt frau zusammen,
ist geistig weg,
muss sich hinlegen
Davon überrumpelt habe ich
an den unmöglichsten und nicht gerade
saubersten oder privaten Orten gesessen, gehockt, gelegen
Nicht mehr können
Keine Bewegung, Gedanke, Regung
Still
Liegen
Ausruhen
Augen zu
Atmen
Nicht agieren, kommunizieren, reagieren
ist eine, vielleicht größte
Herausforderung an Selbst und Umgebung
**
3
Perspektiven
Die gibt es immer
Meine Lebensfreude,
Mut und Lust zu tun,
teilen, teilzuhaben
trotz allem ungebremst
Es geht noch irgendwie,
es wird weitergehen
Einlassen auf das andere,
die veränderte Realität
Erstmal ein Loslassen:
meinen Beruf,
Wohnort,
viel des sozialen Umfeldes,
meiner Identität,
wie ich mich gesehen und begriffen habe
Im Core ist jedoch nichts verändert;
Ich bin noch 100% die Person, als die ich mich immer kannte
Nur, wie ich mich im Leben und im Jetzt ausdrücke und umsetze,
hat sich 180 grad (pi x Daumen) gedreht
Eine spannnde Aufgabe:
Sei Du.
Finde jetzt nochmal eine Version deiner Selbst,
mit deinen Ambitionen, Ansprüchen, Macken,
deiner Art zu sein,
ABER
mit ausgetauschter Toolbox und Möglichkeiten
Ich bin keine Tüftlerin,
nicht einmal besonders geduldig,
aber ich sinniere hierüber
(wenn ich mich nicht anderweitig bewegen kann)
oder probiere aus:
meine neuen ‘moves’
(mindfully),
um mich in der neuen Realität zu erfahren,
diese zu sammeln und so
ein neues Vokabular aufzubauen.
Vielleicht wird daraus ja ein neues Konzept,
ein neues Leben?
Das braucht Zeit.
Viele Bausteine
leider auch ewig Rückschläge
Zeit –
die frau ja theoretisch nie hat,
aber die wir uns jetzt mal nehmen
Gerne will ich den darin auferlegten Zwang umdichten
in einen radikalen Akt des Widerstands:
Wir nehmen die Ruhe, die wir brauchen
Die Muße, Veränderung zu verarbeiten und zu gestalten
Wir können ja nicht mehr anders
An alle, die sich gehetzt,
verunsichert vom nie ablassenden Druck,
vielleicht schon erschöpft fühlen:
Verbringt Zeit mit uns!
Vielleicht färbt unsere inzwischen erworbene größere Gelassenheit ja auf euch ab,
tut euch gut,
kann alternative Anstöße geben.
We are, after all, a pretty resourceful bunch.
Even good fun, dare I say, if you can dig our kind of modified activity 😉
shenai, Februar 2025
*generische Femininum, natürlich dürfen und sollen sich all genders nach Belieben angesprochen fühlen